Gläserrücken

Kontakt zum Jenseits oder doch nur Selbstbetrug?



Wenn man über die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zum Jenseits nachdenkt, fällt den Meisten prompt das Gläserrücken ein. Nichts scheint einfacher zu sein, als sich ein Glas und ein paar Schnipsel Papier zur Hand zu nehmen, um so in kürzester Zeit sein eigenes Jenseitstelefon zu erstellen.
Und in der Tat, es ist wirklich so einfach wie es aussieht und man muss noch nicht einmal die dazu gehörigen Zutaten einkaufen. Alles was man benötigt hat man im eigenen Haushalt zur Verfügung. Viele Jugendliche sind bei dieser Variation der "Jenseitskontaktaufnahme" Feuer und Flamme. Da ist die kindliche Neugierde gespickt mit einer guten Portion Mut und Überheblichkeit. In einer guten Runde sollte dies Ganze natürlich geschehen, alle sind sie mit von der Partie und können es kaum noch erwarten.
Doch da kommen sie auch schon, die ersten Fragen, die ersten Zweifel: "Wie rufen wir einen Geist?", "Wie bekommen wir heraus, ob es ein guter oder böser Geist ist?", "Wie können wir uns vor den Geistern schützen?"

Und schon sind sie da, die über jahrhundertalte Mundpropaganda über das richtige Verhalten und die nötigen Schutzvorbereitungen, damit die Sèance mit dem Glas ein Erfolg wird. Man glaubt noch heute, dass besondere Rituale vorgenommen werden und Gesetze an die man sich halten müsse, wenn man nur eine Regel davon bricht, hat man den Teufel im Haus!

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Die zehn bekanntesten "Regeln":

1. Damit die Kontaktaufnahme gewährleistet ist, muss der Raum abgedunkelt werden.

2. Es müssen weiße Kerzen aufgestellt werden, wenn man Kontakt zu einem guten Geist will, denn diese sind das Symbol für Reinheit und Liebe.

3. Es darf keine Musik laufen, nichts was einen ablenken könnte.

4. Ein Salzkreis sollte um die Teilnehmer gestreut werden, das bedeutet Schutz vor bösen Geistern.

5. Der Tisch auf dem gerückt wird, darf keine Nägel im Holz haben.

6. Ein Kreuz sollte in der Nähe stehen oder hängen.

7. Man sollte keine negative Einstellung zum Leben haben.

8. Man muss aufpassen, dass während der Sèance dass Glas nicht umkippt.

9. Man darf nicht lachen oder Angst haben.

10. Man muss sich nach Beendigung auf jeden Fall von dem Geist verabschieden.
  
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Die Sèance

So, nachdem die "Regeln" wohl allen erklärt wurde, fängt das ganze Prozedere an. Man nimmt am Tisch platz und legt die Finger aufs Glas. Ein Führsprecher wird in der Runde auserkoren, der das Wort erhebt und nachfragt "Ist jemand da?" Einige werden wohl noch am Kichern sein, doch dieses Gekichere wird sich in Staunen umwandeln, wenn erst einmal das Glas in Bewegung gerät.

Und jetzt, wo das Glas in Bewegung, die Teilnehmer in Erregung und die Atmosphäre in Spannung geschlagen ist, geht es erst richtig los. Es werden Fragen über Fragen gestellt, meist ist es am Anfang nur Buchstabengewirr und nur ganz langsam scheint sich eine richtige Kommunikation zu entwickeln.

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Verschiedene Theorien

Nun stellt sich die Frage: Hat man denn wirklich Kontakt zu einer Entität, oder ist es nicht doch das kollektive Bewusstsein aller Teilnehmer, das die Antworten gibt?


Kontakt zum Jenseits, William Benjamin Carpenter
William Benjamin Carpenter (1813 - 1885)

Es könnte sich dabei auch um den Carpenter Effekt handeln, der diese Sèance in Schwung bringt. Der Begriff "Carpenter Effekt*" wurde 1852 vom englischen Physiologen und Naturwissenschaftler, William Benjamin Carpenter geprägt. Es beschreibt eine ungesehene Kontraktion der eigenen Muskeln, die das Glas bewegen kann.
Man kann beim Gläserrücken auch von einer art Massensuggestion sprechen. Man stellt eine Frage und weiß die Antwort darauf selbst, denn sonst würde man ja keine Frage stellen, wenn man nicht nachweisen könnte, dass die Antwort, wenn sie gegeben wird, richtig ist! In dem Moment, in dem sich das Glas in Bewegung setzt, hat man die ganze Zeit die Antwort im Kopf. Ungeahnt ist es nun möglich, das Glas in die entsprechende Richtung zu lenken.
Wenn man z.B. nach einem bestimmten Namen fragt und drei von vier Teilnehmern wissen welche Person gemeint ist, so ist es möglich, dass alle ungeahnt das Glas richtig lenken. Hier war keine böse/gute Macht am Werk, sondern schlichtweg das kollektive Bewusstsein aller Beteiligten!

*Auch als ideomotorisches Gesetz bekannt.

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Weitere Theorien

Man könnte Gläserrücken bzw. die Kommunikation auch so betrachten:

Es ist eine Unterhaltung mit dem eigenen Unterbewusstsein.

Es ist ein Neck-/Foppgeist, eine niedere Wesenheit (vielleicht ist es eine Wesenheit, die durch das eigene Unterbewusstsein ins Leben gerufen wurde? Wer weiß schon, woher diese niederen Wesenheiten kommen?!)

Es könnte tatsächlich ein Geist sein, der sich öffnen will.

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Schutz oder Aberglauben?

Wenn man Gläserrücken praktiziert und sich schützen will, stellt sich hier die Frage "Wovor will man sich denn schützen?!"



Des weiteren stellt sich die Frage: "Gibt es denn wirklichen einen effektiven Schutz für abgehaltene Séancen, um sich unbeliebte Gäste vom Leib zu halten?!!"
Wenn man eine Séance unterhält und sich vor "Wesenheiten" schützt, weil jemand behauptet hat, man könnte sich mit Räucherwerk die "Wesenheiten" vom Leib halten, wer sagt dann, dass dieser Schutz ausschlaggebend dafür ist, dass bestimmte "Wesenheiten" fernbleiben? Wenn man sich durch Räuchern etc. angeblich die "Wesenheiten" vom Hals halten, oder gar mit verschiedenen Dingen "vertreiben" kann, wie ist es dann möglich einen Kontakt zu diesen "Wesenheiten" herzustellen?!
Stellen Sie sich selbst einmal die Frage, was es mit diesem "Schutz" so auf sich hat. Kann es sich nicht dabei eher um eine Art Placeboeffekt handeln? Wenn man fest davon überzeugt ist, dass man sich jetzt ausreichend geschützt hat, geht man doch viel lockerer und vielleicht sogar sorgloser an das Thema heran und stürzt sich in etwas hinein, was man besser gelassen hätte!

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Sinnestäuschungen, Fantasie und Selbsterfüllende Prophezeiungen

Wenn man über das Gläserrücken spricht, ist es, als würde sich eine urbane Legende auftun. Jeder kommt mit einer kleinen Horrorstory:

"Und dann fiel das Glas um und es war auf einmal eiskalt im Zimmer und wir haben einen schwarzen Schatten mit leuchtend roten Augen gesehen."

"Das Todesdatum kam, dann fiel das Glas um, wir haben sofort Schluss gemacht, ohne uns zu verabschieden und als mein Freund die Tür rausgehen wollte, flog eine Schere durchs Zimmer und blieb in Kopfhöhe von meinem Freund in der Tür stecken!!"

"Jemand hat nach seinem Todesdatum gefragt und eine Antwort darauf erhalten, er wurde wahnsinnig und musste in eine Psychiatrie."

Viele, die Gläserrücken praktiziert haben, kennen jemanden, der nach dem Erhalt des nachgefragten Todesdatums, auch wirklich verstarb. Seltsam nur, dass es dann auf einmal der Freund des Freundes, dessen Schwester die Cousine ihrer besten Freundin war. Es ist einfach so, dass negative gegebene Antworten grade bei den Teenies psychische Belastungen hervorrufen! Hierbei handelt es sich wohl um eine Selbsterfüllende Prophezeiung*. Es sind bestimmt Unfälle geschehen, weil die betreffende Person davon überzeugt war: "Heute ist der Tag, an dem ich sterben werde!"
Durch Gläserrücken oder Ouija ist noch keiner ums Leben gekommen bzw. hat kein Geist Hand angelegt und dafür gesorgt, dass es so sein wird! Und wenn dem so war, so ist es und wird es wohl nie bekannt werden. Denn wer soll schon davon berichten können?

*Robert K. Merton prägte unter anderem die Begriffe selbsterfüllende Prophezeiung (englisch: self-fulfilling prophecy), ebenso wie ihr logisches Gegenstück (self-destroying prophecy). Sie ist eine Vorhersage, die sich erfüllt, nur weil sie vorhergesagt bzw. erwartet wurde.

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Erläuterungen für oft gestellte Fragen

Beim Gläserrücken darf unter keinen Umständen das Glas umfallen:

Was soll denn schon passieren?? Es sitzt kein/e Geist/Wesenheit/Bewusstsein im Glas. Was auch immer da wäre, es wäre um einem herum bzw im Falle des Bewusstseins in einem selbst.


Man muss sich auf jeden Fall verabschieden, nur wenn der Geist ebenfalls "Auf Wiedersehen" sagt, ist die Sèance zu Ende:

Man muss sich nicht unbedingt verabschieden, es ist auch nicht nötig zu warten, bis der/die/das Geist/Wesenheit/Bewusstsein sich verabschiedet. Was würde man denn machen, wenn "Es" eben nicht "Auf Wiedersehen" sagt?? Würde man da wirklich bis "Sankt Nimmerleins-Tag" dasitzen? Man macht es wohl eher aus Etikette oder weil man meint, man müsste dem/der Geist/Wesenheit/Bewusstsein höflich gegenüber treten, schließlich hat er sich ja die Mühe gemacht und Stunden mit uns verbracht und unsere Sinne schwinden lassen!


Man darf Kontaktaufnahmen nur im abgedunkelten Raum oder bei Nacht vollziehen:

Alles was man zusätzlich zur Kontaktaufnahme macht, macht man, um sich selbst sicherer und besser zu fühlen. Der/Dem Wesenheit/Bewusstsein ist es einerlei, wie spät es ist, für "Es" existiert die Zeit einfach nicht. Es ist egal, ob es draußen taghell oder absolute Finsternis herrscht!

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Eine ernste Gefahr von Gläserrücken

"Was erwarte ich? Und was erwartet mich, wenn ich Gläserrücken betreibe??" Es werden sich Neck-/Foppgeister-/Wesenheiten oder das Bewusstsein zu Wort melden, je nachdem was man glaubt, die die innersten Ängste und Sehnsüchte kennen und entsprechend dem, was man erwartet, wird die Sèance ablaufen!


Was kann dieses "Etwas" mit mir tun?

Es wird Ihnen sympathisch sein.
Es wird Ihnen Angst machen.
Es wird Ihnen Freudentränen bereiten.
Es wird Ihnen die innersten Sehnsüchte und Wünsche hochkommen lassen.
Es wird Sie Stück für Stück um den Daumen wickeln.
Es wird alles versuchen, um Sie psychisch in die Knie zu zwingen.

Das ist es, was vorzugsweise beim Gläserrücken oder Ouija geschieht! Es wird Lügen über Lügen vorgaukeln und man wird diese bitteren Pillen liebend gerne schlucken. Wenn man keine Notbremse zieht und nicht erkennt, was um einen herum passiert, wird man diesem hörig werden! Das ist es, was Gläserrücken so gefährlich macht! Ganz zu schweigen was einer Person geschehen kann, die labil ist. Es ist möglich, dass man sich nach einer erfolgten Sèance in Therapie begeben muss, weil man mit dem Erlebten nicht zurecht kommt.


                           

© 2007 / Nicky - www.geisternet.com


 
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