Mary Celeste 

Die Mary Celeste ist wohl eines der berühmtesten Geisterschiffe. Sie wurde im Jahre 1872 auf halbem Wege zwischen Portugal und den Azoren verlassen und im Atlantik treibend aufgefunden. Das Merkwürdigste daran war wohl die Tatsache, dass das Schiff völlig führerlos über 500 Meilen lang von seinem vorgesehenen Kurs nicht abwich. Obwohl das Steuerrad nicht festgemacht war, trotzte es der unruhigen See und einigen Stürmen.


- Vorgeschichte -

Die Mary Celeste war eine 31 Meter lange Brigantine (zweimastiges Segelschiff) unter dem Befehl von Kapitän Benjamin Briggs. Sie wurde 1861 in Neuschottland gebaut und war ursprünglich auf den Namen "The Amazon" getauft. Es schien, als stünde das Schiff von Anfang an unter keinem guten Stern, sodass die Ereignisse ihren Lauf nahmen:

- Nachdem das Schiff 1861 vom Stapel lief, sollte es eigentlich als Frachter eingesetzt werden. Eigner des Schiffes war damals Robert McLellan, der schon kurze Zeit nach der Indienststellung des Schiffes krank wurde und starb.

- Nun übernahm ein gewisser Nutting Parker die Brigg. Doch schon bei der Jungfernfahrt kam es zu einem Unfall, woraufhin die Amazon wieder in das Trockendock musste. Bei den Reparaturarbeiten brach an dem beschädigten Rumpf des Schiffes ein Feuer aus und Parker gab zähneknirschend das Kommando über das Schiff wieder ab.

- Nachdem die Amazon endlich wieder seetüchtig gemacht worden war, erlitt sie bei ihrer ersten Überquerung des Atlantiks in der Seestraße von Dover erneut Schiffbruch, indem sie mit einer Brigg zusammenstieß, die daraufhin sank. Da sie natürlich durch den Zusammenstoß einige Schäden erlitt musste sie also wieder einmal zur Reparatur in das Trockendock.

- Nach dieser Instandsetzung kehrte das Schiff nach Amerika zurück und lief - wen wundert es noch - vor Cow Bay (Cape Bretone Island) auf Grund.

Durch diese verschiedenen, negativen Begebenheiten wechselte sie mehrfach den Besitzer, bis sie schließlich im Jahre 1869 den Namen "Mary Celeste" bekam. Vielleicht sollte man an dieser Stelle erwähnen, dass es unter Seemännern heißt, dass man ein Schiff niemals umtaufen sollte, weil es Unglück bringen würde. Nach einer Odyssee durch die Hände verschiedener Schiffseigner und deren anschließendem Ruin, lag die ehemalige Amazon umgebaut und nun also unter dem Namen "Mary Celeste" im Hafen von New York.

Im Jahre 1872 gelangte sie dann schließlich in die Hände von Kapitän Benjamin Spooner Briggs und machte sich auf die Reise über den Atlantik.
 


Die "Mary Celeste"

 

- Die "Entdeckung" -

Einige Tage später legte in New York Kapitän David Reed Morehouse (der übrigens mit Briggs befreundet war) mit seinem Segler "Dei Gratia" in Richtung Europa ab. Am 5. Dezember 1872, gegen ein Uhr am Mittag, machte der Wachhabende der "Dei Gratia", John Johnson, auf einmal in ca. 8 Kilometer Entfernung am Horizont ein Segel aus.

Es war tatsächlich die "Mary Celeste", doch etwas schien nicht zu stimmen! Die Segel hinten schlaff herunter, niemand stand am Steuer und das Schiff hatte leichte Schlagseite. Also setzen daraufhin drei Seemänner der "Dei Gratia" zur "Mary Celeste" hinüber. Niemand schien an Bord zu sein, denn während der Überfahrt antwortete niemand auf ihre Rufe. Diese Vermutung bestätigte sich, als sie das Schiff erreichten und an Bord gingen - sie durchsuchten das komplette Schiff, doch es schien, als wäre die Besatzung wie vom Erdboden verschluckt. Das Schiff trieb wirklich menschenleer in den dunklen, unendlichen Fluten des Meeres - nicht einmal eine Leiche wurde gefunden.

Die Besatzung der Gratia fand keinen Grund, warum man die "Mary Celeste" hätte aufgeben müssen.
Das Schiff war etwas ramponiert, Segel und Takelage jedoch waren teilweise schwer beschädigt und der Kompass war umgefallen und zerbrochen. In den Laderäumen und der Kombüse stand das Wasser ein paar Zentimeter hoch, aber die Nahrungsvorräte und das Trinkwasser war noch völlig in Ordnung.

Man stand vor einem Rätsel:
Alles in allem waren das keine Gründe für den erfahrenen Kapitän der "Mary Celeste", sein Schiff plus Ladung einfach so aufzugeben. Es befanden sich allerlei persönliche Gegenstände an Bord, worauf man schließen kann, dass das Schiff fluchtartig verlassen wurde. Wieso also verließen Kapitän Briggs, seine ebenfalls an Bord befindliche Frau, seine zwei Jahre alte Tochter und sieben Seemänner das Schiff ohne erkennbaren Grund? Und wo waren sie?
 


Bei der Untersuchung des Schiffes fiel den Matrosen der Gratia aber noch etwas Anderes auf: Sowohl ein kleines Beiboot der "Mary Celeste" fehlte, als auch nautische Geräte, wie z.B. der Sextant und das Navigationsbuch. Das Logbuch war allerdings noch an Bord und bewies, dass am 24. November noch jemand an Bord gewesen sein musste, da die letzte Eintragung an diesem Tag gemacht wurde. In der damaligen Zeit wurden die Logbücher der Handelsmarine allerdings nicht täglich geführt. Die Mannschaft hätte auch noch nach dem 24. November das Schiff verlassen haben können.

Da die Ladeluken offen standen und einige Fässer Alkohol, die an Bord waren, leckgeschlagen hatten, kam man erst zu der Vermutung, dass sich die Besatzung aus Angst vor austretenden Gasen und damit einer eventuellen Explosion mit dem Beibot von dem Schiff entfernt hatte. Doch diese Vermutung wurde schnell verworfen, denn sonst wäre die Mannschaft schließlich wieder auf das Schiff zurückgekehrt, nachdem die Gase verflogen waren. Außerdem gab diese Theorie keinen Sinn, weil man die nautischen Geräte wohl kaum für diese kurze Zeit mitgenommen hätte.

 

- "Nachspiel" -

Die "Mary Celeste" wurde wieder seetauglich gemacht und unter dem ersten Maat Oliver Deveau nach Gibraltar gesegelt. Da auch ein eventueller Versicherungsbetrug nicht ausgeschlossen werden konnte, stand eine Untersuchung der britischen Behörden an. Diese These war jedoch sehr zweifelhaft, denn wie sollte der ehemalige Kapitän der "Mary Celeste" die Versicherungssumme kassieren, wenn er doch verschwunden bzw. als vermisst gemeldet war?Eine weitere Anklage vor dem Marineministerium wurde von Solly Flood erhoben:Ihm kam es seltsam vor, dass sämtliche Lebensmittel an Bord waren und das die Reling nur leicht beschädigt und das Schiff eigentlich noch fahrtüchtig waren. In Abwesenheit warf er daher zunächst der Mannschaft der "Mary Celeste" vor, sich der Ladung bemächtigt zu haben und sich in einer Orgie betrunken zu haben. Doch auch diese Theorie war mehr als unwahrscheinlich, denn die "Mary Celeste" hatte keinen trinkbaren Alkohol an Bord. Wenn man die Ladung getrunken hätte, hätte man schon bevor man einen Rausch erreicht, enorme Schmerzen durchleiden müssen.

Flood wollte aber nicht aufgeben und beschuldigte nun die gesamte Mannschaft der "Dei Gratia" die "Mary Celeste" gekapert und ihre Besatzung ermordet zu haben, um die Bergungsprämie nach internationalem Seerecht einstreichen zu können. Der Gerichtshof lehnte jedoch diese Beschuldigung ab und sprach alle Beschuldigten frei.

 

- Andere (kuriose) Vermutungen -

- Die Besatzung wurde von Piraten oder von Außerirdischen entführt.
- Das Verschwinden könnte etwas mit dem berühmten "Bermuda-Dreieck" zu tun haben, das Schiff befand sich aber nie in der Nähe dieses Dreiecks.

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Die "Mary Celeste" blieb weiterhin ein Unglücksschiff. Sie wurde mehrfach verkauft. 1884 lief sie vor Haiti auf ein Korallenriff, geriet in Brand und sank. Das passierte unter so mysteriösen Umständen, dass der damalige Eigner wegen Versicherungsbetrug vor Gericht gestellt wurde. Er wurde aber wegen formaler Mängel freigesprochen.
Im August 2001 wurde ein Wrack auf einem Riff vor Haiti entdeckt, das in Länge und Breite die Maße der "Mary Celeste" hatte. Das Unglücksschiff war wieder aufgetaucht!
 


Das plötzliche Verschwinden der Besatzung der "Mary Celeste" ist bis zum heutigen Tage eines der größten Rätsel der Seefahrtsgeschichte. Ihre letzte Ruhestätte liegt in Haitis Golf von Gonave, wo sie auf dem Korallenriff der Rochelois-Bank "begraben" ist und nach über hundert Jahren immer noch über ihr dunkles Geheimnis wacht...

 

 

 

Weitere Informationen auf:
http://www.maryceleste.net

 

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